© Fischer- und Schifferverein Klingenberg e.V.
Am Ludwigskanal
Klaus Schmitt 2003
Etwa 100 Jahre lang war der Ludwig-Donau-Main-Ka-nal
in Betrieb. Konstruiert und lange betrieben als
Wasserstraße für die Treidelschifffahrt. 1945 zer-bombt,
war der Kanal für eine durchgehende Schifffahrt zwischen
Main und Donau nicht mehr brauchbar. Aber von
Neumarkt nach Kehlheim erhielt sich bis 1952 noch ein
unermüdlicher Rest der traditionellen
Nutzung.
Bevor der alte Kanal ganz in die unterste Schublade der
Vergessenheit geriete, sind wir, meine Frau und ich, 1974
von Nürnberg bis Kehlheim den ganzen langen Leinpfad zu
Fuß abgewandert; der Ludwigskanal sollte einen würdigen
und einprägsamen Platz im Speicher unserer Erinnerung
behalten, bevor der neue Main-Donau-Kanal so manches
Bild zerstören musste.
Da lebte er für uns noch einmal auf, in seiner stillen
Beschei-denheit, in seiner durch Ausdauer verbindenden
Kraft, in seiner landschaftlichen Schönheit, im Studium
seiner Baugeschichte, in den Schilderungen vieler Leute, die
wir am Wege nach Erlebnissen vergangener Tage befragten.
Auch wenn es jetzt keine Schiffe mehr zu sehen gab, konnte
man sich dennoch die Bilder formen aus dem gerade noch
Sichtbaren und aus dem lebendig Erzählten.
Wie damals die Kinder im Frühjahr von den Äckern
lärmend zum Kanal rannten, wenn es das erste Schiff im
Jahr zu begrüßen galt, - wie in den Gaststätten "Zum
Ludwigskanal" ein derbes Treiben der Schiffer dem
anstrengenden Tagewerk eine - manchmal johlende -
Krönung gab, - wie im Sommer ein heiterer Badebetrieb
auflebte, - wie sich bescheidene aber fröhliche
Ausflugsgesellschaften der gemütlichen
„Schlagrahmdampfer" erfreuten, - wie sich der jetzt noch
berühmte Kanalkarpfen auf den Speisekarten etablierte, -
wie spektakuläre Schiffspassagen von „kanalfremden"
Schiffsgebilden zum Tagesgespräch wurden, - wie Schiffer
während der Fahrt mal eben an Land sprangen, um fremde
Kühe zu melken o-der Hasen zu jagen, - wie die Ernte der
40.000 Apfel-bäume, die dermaleinst zur Kanalbefestigung
gepflanzt worden waren, ein munteres Leben auf die
Leinpfade brachte, - wie im Winter ein herrlicher
Schlittschuhtrubel auf eine schön lange, eisige Piste ging, -
wie die Brauereien die Eisblöcke schnitten, für die so
wichtige Kühlung der Bierfässer im nächsten Sommer.
Romantische Beschreibungen der Kanallandschaft
Ausdruck einer stillen Liebe zum Kanal - finden sich
immer wieder.
So liest man im Fürther Tagblatt 1934 unter dem Titel
„Spätsommer am Kanal":
„Der Kanal bietet jedem, der sie ehrlich sucht,
mannigfaltige Reize. Wie oft wurden sie schon in den
lebhaftesten Farben ge-schildert, wie oft erlebte man sie
und doch sind sie bei der jedesma-ligen Neuentdeckung von
eigen-artiger, fremder und faszinierender Wirkung. Die
Kanalwege hinunter nach Kro-nach schenken im Herbst
andere Bilder als im Frühjahr. Ein leiser Hauch von
Wehmut, von Abschied liegt über dem Land. Der
Spätsommer untermalt mit seinen zarten Farben der
Melancholie die Herbheit der Kanallandschaft.“
Winter im Ludwigskanal Klaus Schmitt 2009