© Fischer- und Schifferverein Klingenberg e.V.
„Geh' vor und leg den Mast um, da kommt gleich die
Maasbrücke." Auf dem Weg nach vorne bei ungemütlich
starkem Wind, Leerschiff mit viel Fahrt, regt sich Unmut.
Muss das sein? Unnötige Arbeit. Ich bin ja nicht zum
ersten Mal in Rotterdam. Wie ich das sehe, geht der Mast
doch durch. Was die Alten immer haben! Junge Leute
sehen das mal neu und ganz anders. Ich war auch jung
und ließ den Mast stehen.
Krach...!!! da lag der Mast abgebrochen auf dem
Lukendach, die Flagge zappelte noch etwas an ihrer Leine
im Wind. Die Laterne war demoliert, das Holz gesplittert
und gebrochen. - Oh, hinter der Brücke, in deren
Sichtschatten, da war ja noch eine Brücke. Und die war
niedriger.
Die hatte ich nicht gesehen, das hatte ich auch nicht
gewusst. Verdammt - die Alten!
Ohne Mast konnten wir die Bergfahrt nicht antreten. Also
musste ein neuer Mast angefertigt werden. Wirklich
schönes Holz gab es in Rotterdam. Die Holländer
verstehen etwas von Schiffbauholz. Wenigstens war nun
der neue Mast aus Pitchpine viel schöner und wertvoller
als der alte aus Fichte/Tanne. Und weil das doch eine gute
Gelegenheit war, das auf Havarie abzurechnen, wurde
gleich noch mehr Holz gekauft, damit man am Haus in
Klingenberg auch einen schönen Schiffermast aufstellen
konnte.
Diesen Hausmast habe ich entworfen, Mast mit Saling
und Stenge, mit 2 Rahen, damit man an hohen Feiertagen
und zum Winzerfest viele Flaggen präsentieren konnte.
Die Bearbeitung der Holzteile konnte ich im Sägewerk
Uhlein durchführen. Ich musste viel hobeln, hobeln,
hobeln. Der alte Ühlein kam einmal herbei und
beobachtete mein Handwerk.
Dann nahm er beide Hände voll Hobelspäne, hielt sie
unter die Nase und war sichtlich entzückt von dem
himmlischen Geruch des Pitchpineholzes. In seiner
Werkstatt für Dachstühle und einfachere
Zimmermannsarbeiten hatte er ja nicht alle Tage ein
solches Holz in Bearbeitung.
Der Geruch ist ja auch wirklich wunderbar. Holz
überhaupt ist wunderbar. Gerüche speichert man. Das
war 1960, so hatte ich es am Mastfußvierkant
eingeschnitzt.
Der Mast
Klaus Schmitt 2020
Irgendwann hatte der Mast
seine Schuldigkeit getan
und wurde abgetakelt. Ein
Stück vom Mastfuß ist mir
geblieben. Daraus habe ich
mir jetzt einen Ständer für
meine gerade überholten
Füllhalter gemacht. Und da
war er wieder der Geruch.
Beim Schneiden und Bohren
kam er wieder hervor.
Wunderbar. Genau wie damals. Ein Erinnerungsstück an
meine aufbegehrenden Jugendjahre bleibt mir so
erhalten.
Dass ich so viele Füllhalter habe, das ist eine andere
Geschichte in meinen Erinnerungen. Da habe ich mal
einer netten älteren Dame versprochen, wenn ich
irgendwann mal einen Motorradführerschein mache,
dann werde ich mit ihr auf dem Motorrad nach Paris
fahren...