© Fischer- und Schifferverein Klingenberg e.V.
Matrosen
Vortrag von Klaus Schmitt anlässlich einer Bilderausstellung
im „Farbklecks" in Duisburg. Das Thema der Bilder war:
Matrosen.
Matrosen, das sind die Männer, die zu einem Schiff gehören.
Nur nicht der Kapitän, der ist der Boss von den Matrosen.
Das weiß jedes Kind.
Der Herkunftsduden weiß das selbstverständlich viel
besser: Matrosen, nach dem niederländische Wort matroos,
wurde wahrscheinlich umgebildet aus dem französischen
matelot, über das altfranzösische matenot. Er geht wohl
auch zurück auf das mittelniederländische mattenoot in der
Bedeutung nach dem ursprünglichen niederländischen
Wortsinn die „Mattengenossen", die sich auf den früheren
Schiffen zu zweit eine Hängematte zum schlafen teilten.
Abwechselnd natürlich.
Es gibt wohl kaum einen Beruf, zu dem die Gesellschaft,
von phantasiegeladenen Kindern bis zu verschreckten
Alten, eine größere Vielfalt von Klischees entwickelt hat.
Und alleine diese große Sammlung beweist, dass keines
davon richtig ist.
Wenn wir es wirklich richtig wissen wollen, was Matrosen
sind, dann fragen wir einen Fachmann, nämlich Emil
Dunekake aus Stiekelkamperfehn, der als Moses
angeheuert, gerade aus direkter praktischer Anschauung
seine ersten fachlichen Berichterstattungen verfasst hat.
Er differenziert sogleich:
„Es gibt Süß- und Salzwassermatrosen. Die
Süßwassermatrosen fahren auf einem Fährdampfer oder auf
einem Flußschiff, oder auf einem Schlepper, dann müssen
sie den Haken bedienen. Manchmal auch Essen kochen für
den Kapitän und den Maschinisten. Wenn es nichts taugt,
muss er wieder nach Stiekelkamperfehn. Die
Salzwassermatrosen sind die richtigen. Sie haben von Junge
an gedient. Da mussten sie zuerst backschaften. Als
Matrose nicht, da müssen sie malen, Rost klopfen und noch
mehr andere Arbeiten."
Und er strukturiert:
„Der oberste von den Matrosen ist der Bootsmann. Der jagt
sie alle an die Arbeit und gibt Farbe aus, wenn er keine hat,
nur Mennige. Einige Bootsmänner mögen gerne einen
pietschen. Die haben dann alle
Vierteljahr Geburtstag...
Und gleich werden auch die Klischees wieder aufpoliert,
allerdings nunmehr auf der Grundlage von empirischer
Beobachtung:
„Im Hafen gehen die Matrosen an Land. Sie machen sich
dann landfein und tragen den Mantel überm Arm wie
Seeleute. Wo eine Wirtschaft ist gehen sie rein, wenn
Mädchen da sind. Wenn nicht, anderswo.
Welche aber nicht, die haben kein Geld und besehen die
Stadt. In der Wirtschaft trinken die Matrosen Bier, Korn
auch. Dann werden sie stark. Wenn eine Prügelei war,
haben die Mädchen schuld. Welche haben dann am anderen
Tag ein blaues Auge und kaputtes Zeug. Die welche die
Stadt besichtigt haben kommen früh wieder und langweilen
sich. Die andern manchmal erst morgens. die holen sich
dann bei II. Offizier Geld nachher die Uhr wieder ab. Und
vielleicht eine Tripperspritze. Auf See haben sie dann eine
feine Erinnerung."
So weit die Feststellungen von Emil Dunekake. Diese sind
großzügig zu ergänzen aus dem was ja jeder weiß:
Blaue Jungs - bei der Arbeit singend, bzw. statt arbeiten
singen - klettern lustig in den Masten herum, was ja Spaß
macht (kennt man von den entsprechenden
Kinderspielplätzen) - lehnen faul an der Reling und gucken
den Landratten zu, wie die zugucken wie das Schiff anlegt
(das wird ja vom Kapitän gemacht) - In jedem Hafen ein
anderes Mädchen - welterfahren - sturmerprobt -
kameradschaftlich - braungebrannt - stahlhart - großzügig
im Umgang mit dem schwer verdienten Geld
- an Land stets besoffen und grölend.
Wie kommt nun ein solch unflätiges Phänomen in den
erlauchten Kulturkreis des
„Farbklecks"?
Der aufmerksame Zuhörer wird schon bei der oben
erwähnten Aufgaben-beschreibung des Matrosen bemerkt
haben, dass ein wesentlicher Teil seiner Arbeit aus Malen
besteht. Malen nennt man auf einem Schiff alles
überpinseln, zum Zwecke der Konservierung und zur
Verschönerung des Schiffes. (Hier werden ja auch immer
wieder gerne die kosmetischen Aktivitäten der Damenwelt
zum Vergleich gebracht).
Bei der Marine, sozusagen die höchste Kulturstufe, die ein
Matrose erreichen kann, gibt es ein Grundgesetz: ,Alles was
sich bewegt wird gegrüßt - alles was sich nicht bewegt wird
angemalt!"
Im Ernst, man sollte nicht die künstlerischen Ambitionen
der Matrosen verspotten, die irgendwelche Flächen,
Türinnenseiten, Schottwände und dergl. ja, vor allem früher
die Galionsfiguren mit hingebungsvoller Liebe bemalt
haben. Matrosen haben durchaus einen Sinn für bildliche
Darstellungen, an denen sich ihre Erinnerungen oder ihre
Sehnsüchte erwärmen. Denken sie an die Tätowierungen,
mit denen sich die Seeleute verzieren ließen, längst bevor
das in unserem Zivilisationsbereich landseitig zur
gruseligen Mode wurde.
„ ....und dann bin ich von zuhause abgehauen und aufs
Schiff gegangen, weil ich Maler werden sollte"