© Fischer- und Schifferverein Klingenberg e.V.
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Das Anker
Von Klaus Schmitt
.. liegt jetzt im Garten, am Wasser. In aller Stille. Es wird nicht mehr zum Einsatz kommen. Es ist ein sogenanntes Fahranker, (Seeleute nennen es auch Warpanker.) Er wird mit einem Nachen in eine Position gefahren und dann kann sich an dem Ankerseil das Schiff mit einer Winde in diese Richtung bewegen.
Die gelbe Ankerboje auf dem Wasser stammt noch von der MAINPERLE und ist heute mobile Teichkunst. Der Riemen an der Quitte war ein Geschenk von Doris Koller, die ihn auf dem Rhein gefischt hat und der jetzt mit einer Dekorationsaufgabe sein Gnadenbrot hat. Die Figur am anderen Ufer, das ist mein Grabdenkmal, geschaffen von der Bildhauerin Tanja Lehmann.
Dieses Anker war verdammt nicht leicht zu erwerben. Mir bäumt sich heut noch der Magen. Es war im Jahre 1983, Anfang Februar. In Bodenwerder an der Weser wurde unser neues Schiff „STINNES-SCHUB |" fertiggestellt. Der Schiffbau war so gut wie abgeschlossen. Die SUK war da, die letzten Arbeiten wurden besprochen, bevor das Schiff die Werft verlassen sollte. Diese Abfahrt hatte eine Besonderheit. Niemals würde das Schiff seinen Birthplace wieder sehen. Auch nicht für Reklamationsbearbeitungen. In dieses kleine Gewässer kehrt man nicht mit einem Doppelschrauber mit 2 mal 2000 PS, mit einer Breite von 11,40 m und mit 1,76 m Tiefgang freiwillig zurück. Es war schon viel Sorge aufzuwenden, das Schiff heil die Weser herunter zu kriegen. Jede Grundberührung konnte böse Folgen für Propeller und Ruder haben und zur schweren Manövrierunfähigkeit führen. In dieser Sorge bestand ich seinerzeit darauf, dass dem Schiff für die Überführung ein Fahranker mitgegeben wurde. Man musste sich ja selbst helfen können, bevor ein Bergepanzer der Bundeswehr zu bekommen war. Das Fahranker war zwar nicht im Lieferumfang vorgesehen, aber der Technische Leiter der Arminiuswerft Werner Ulrich (... richtig, der von dem berühmten Fachbuch Dankwart/Ulrich: Propellerkonstruktion nach der Wirbelstrom-Theorie) war durchaus einsichtig und großzügig. Die Fertigstellung des Schiffes wurde mit einem zünftigen Abschluss-Abendessen gefeiert - es gab etwas ganz Fettiges zu Essen, eine bodenständige Spezialität vom Weserland, mit der man Hunger und Kälte erfolgreich vertreiben konnte,
und die nur mit viel Schnaps für menschlichen Verzehr verträglich ist. Bei ausgelassener Fröhlichkeit wurden noch Bauerlebnisse besprochen. Die Schnapslage war bereits abgeschlossen und restliche Aufgaben wurden noch diskutiert, da bekam ich das werftseitige Angebot: für das tapfere Schlucken eines ganzen Brettes (12 Stück) Schnäpse sollte ich das gewünschte Anker kriegen.
To-Do-Liste, die noch bei der Probefahrt im Vuile Gat geschrieben wurde, das Anker war nicht vergessen.
Was tut man nicht alles für die Sicherheit eines Schiffes. „STINNES-SCHUB |" kam ohne Schaden am Rhein an und nahm seinen Dienst auf. Das Anker war mein!
STINNES-SCHUB | läuft mit 6 Leichtern im Hafenmund ein. Der Umschlag für Hoesch brummt. Ruhrort wird von einer Wolke Erzstaub eingehüllt.