© Fischer- und Schifferverein Klingenberg e.V.
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Schlagrahmdampfer

Der Ludwigskanal war schon immer gut für eine oder die andere Spekulation zu einer wirtschaftlichen Nutzung. Die Frachtschifffahrt mit den Treidelpferden war kaum profitabel und wurde bald ganz eingestellt. Es kam noch kurz zum Einsatz von Schleppzügen mit kleinen Dampfschleppern und auch speziell für den Kanal gebauten Motorschiffen. Was aber immer ging am Kanal, war der Einsatz von „Schlagrahmdampfern" zu einer vergnüglichen Ausflugsfahrt mit Kaffee und Kuchen, sogar an Werktagen, an denen der Franke doch eigentlich zu arbeiten hatte. Im Jahre 1913 ließ ein gewisser Kapitän Ebert aus Klingenberg am Main ein Motorboot für 200 Personen auf der Strecke zwischen Fürth und Kronach verkehren. Für die vierzigminütige Fahrt mussten die Passagiere ganze 30 Pfennig bezahlen. Dieser Kapitän Ebert war Otto Ebert, ein ganz rühriger Schiffspionier aus der Linie der Klingenberger Eberte aus dem „Goldenen Kreuz". Er hat ein Personenschiff „Moguntia" und später einen Radschlepper „Kreis Moers" betrieben. Er war der Mitbegründer und Vertreter des „Mainschifferverbandes" in Würzburg (Vorgänger der MSG). Er hatte von Seinem Vater Josef Ebert die „Vorsorge" geerbt, die er später meinem Großvater Karl J. Schmitt verkauft hat. Deshalb befindet sich in meinem Sammelsurium auch noch die Namensplanke mit seinem Namen.
Einer seiner Söhne war der Schiffer Heinrich Ebert, der nach Lohr am Main ausgewandert ist und eines der ersten eisernen Schiffe auf dem Main besaß, den „Fortschritt". Dessen Sohn Seppel Ebert war mit Klaus Arnold, Bernd Baumgärtner und mir zusammen in der Schifferschule Würzburg. Man kann das nachlesen im Magazin des http://www.fischerundschiffervereinklingenberg.de Ob es sich bei der folgenden Geschichte aus dem Buch "Fürther Schleusenromantik" um das Schiff von Otto Ebert handelte, weiß ich nicht, aber die Geschichte ist wegen ihrer pittoresken Beschreibung ein wirkliches Bonbon. Die Fahrt rangiert mit ihrer abenteuerlichen Dramatik kurz hinter einer Kap-Horn-Umrundung und noch vor einer Atlantiküberquerung
Ein Ereignis ganz besonderer Art schildert Hanns Schödel in höchst dramatischen Worten, eine Schiffstaufe in Kronach: "Kurz nach 9 Uhr erschien ein schmuckes Schiff am Horizont. Man sah Fahnen wehen und Taschentücher flattern. Die Prominenten gingen geschlossen zur Lan- dungsstelle. Die Sirene heulte tief auf und schon warf der Kommandeur des Schiffes die Anker aus. Ehrenjungfrauen begrüßten die Gäste und der Senior des berühmten Kronacher Sahneparadiesgeschlechts Memmert-Weigel, Herr Karl Memmert, hieß die Gäste auf den Planken des neuen Schiffes herzlich will-kommen. Als die Festgäste verstaut waren, trat der Kapitän auf die Kommandobrücke. Die Mannschaften waren auf ihren verschiedenen Posten und der Steuermann hielt unerschrocken und zielbewußt das Steuerrad in der Hand. Die Anker wurden gelichtet. Die Sirenen heulten dumpf auf. Ein letzter Blick galt noch den zurückbleibenden Nürnberg-Fürther Eingeborenen und schon stach das Schiff hinaus in den klassischen Ludwigs-Donau-Main-Kanal. Unermüdlich überblickte der Kapitän die Strecke. Visierte genau die glänzend gebauten Kanalbrücken (warum man die Durchfahrtslöcher nicht noch kleiner gemacht hat, verstehe ich nicht) und gab der Mannschaft die nötigen Anweisun-gen. Die Schilflegionen verneigten sich ehrfurchtsvoll beim Nahen des schmuk-ken Schiffes. Historische Stätten zogen vorbei: Fußballplätze, dann der Ort, an dem einst das Fürther Schwimmbad angelegt werden hätte sollen. Eine schwere Kurve nahte. Der Steuermann sah der Gefahr kühn ins Auge. Gab für die Kanal-schwimmer wilde Sirenenzeichen, genau wie die Schiffe im Ärmelkanal bei Nebel. Der Fürther Kanalhafen wurde in Rekordgeschwindigkeit durchkreuzt und eine Dame photographierte alles, was sich ihr in den Schiffahrtsweg stellte. Und immer weiter zog das Schiff. Freundliche Mädchen bekränzten die Ufer und gaben lebhafte Winke-Winke-Signale von sich. Die Matrosen waren stets in erhöhter Bereitschaft. Die letzte Kurve wurde scharf genommen. Man durchfuhr die "Färdä Partnachklamm" unter weihevoller Stille. Schon rauchten die Schornsteine der Kronacher Küche. Fahnen und Wimpel glänzten am Kai von Kronach. Die ganze Bevölkerung der Umgebung und die sämtlichen Bewohner von Kronach waren zum Hafen geeilt. Wir kamen dem Festland langsam näher! Drei Böllerschüsse! Die Anker rasselten geschmeidig in die Tiefe.“